Friday, November 30, 2012

Tuesday, October 30, 2012

Once I was pure as the snow, but I fell/ fell like the snow flakes from heaven to hell.

Der Oktober neigt sich dem Ende zu. Die bunten Herbstblätter werden matt und kraftlos und die nackten Bäume mit ihren dürren Ästen scheinen so zu frieren, dass man ihnen eine Jacke überziehen will.
Und fast wäre der Oktober ohne einen einzigen Text auf diesem Blog vorbeigegangen. Ich verstehe nicht, wieso es mir so schwer fällt, zu schreiben. Ich habe jeden Tag Tausend Gedanken im Kopf, ich fühle mich überall von Geschichten umgeben, von Stimmen, die mir Worte und Sätze zuflüstern, aber ich bringe nichts davon zu Papier. Ich kann sie einfach nicht fassen, all diese Gedanken.
Sollte es nicht eigentlich ganz einfach sein?
Manchmal scheint alles ganz einfach. Klar und weiß. Wie Schnee.

Der erste Schnee des Jahres ist und bleibt etwas Besonders. Es ist, als könnte man für diesen einen Augenblick das Glas, in dem das Gefühl seiner Kindheit eingefangen ist, einen Spalt breit öffnen und etwas von diesem Geruch strömt heraus, der Duft von Lebkuchengewürzen und Kuchenteig. Und auch wenn man es schon so oft erlebt hat, und sich spätestens im Februar über die weiße Last ärgert, ist man jedes Jahr aufs Neue aufgeregt wie ein kleines Kind, wenn die ersten kleinen Flocken durch die Luft wirbeln, vorsichtig noch wie Neugeborene, die das Fliegen erst wieder lernen müssen und sich zaghaft durch den Himmel kreiseln. Und wenn der Schnee dann alles mit einer dünnen Schicht verhüllt hat, wird es plötzlich still. Ganz still. Und diese unglaubliche Ruhe erfasst einen, die es nur geben kann, wenn die Schneedecke alle Geräusche und Sorgen dieser Welt zu dämpfen scheint. Nichts kann durch diese schützende weiße Wand nach außen dringen, die für einen winzigen Moment alles Grau bedeckt und uns zumindest vorspielen kann, dass alles gut wird.
Und während man durch diese weiße Landschaft stapft, die verstummt zu sein scheint, kommen die Erinnerungen in aller Stille. Leise und heimlich schleichen sie sich von hinten heran, und stürzen dann ohne anzuklopfen ins Bewusstsein.
In der Ferne weht Kinderlachen herüber und plötzlich sieht man sich selbst am Küchentisch vor einer heißen Tasse Tee sitzen, mit roter Nase und steifen Fingern vom Spielen im Schnee. Natürlich hatte man Handschuhe angezogen bekommen, aber mit dicken Fäustlingen kann man verdammtnochmal einfach keine richtigen Schneebälle formen.
Man rast vor seinem inneren Auge mit einem Schlitten den kleinen Berg im Dorf hinunter, wo sich im Winter immer alle Kinder getroffen haben, um zu sehen, wer die waghalsigsten Sprünge schafft und wer die meisten Fahrer auf einen Bob bekommt.

Aber dann steht man vor seiner Haustür, schüttelt sich die Schneeflocken und Erinnerungen ab.
Und macht den Deckel ganz vorsichtig wieder zu.


Bild: Porsche Brosseau (flickr.com) unter cc by-sa 2.0

Sunday, September 23, 2012

The falling leaves drift by the window/ The autumn leaves of red and gold.


 Der Herbst raschelt verheißungsvoll. Ich weiß nicht, wieso der Herbst immer verurteilt wird als trostlose Zeit, in der alles grau und schwer ist und die Lebensfreude des Sommers langsam aus allen Zellen weicht. Ich liebe den Herbst. Ich liebe die strahlenden Farben, ich liebe es, wenn die Sonne durch einen kleinen Spalt im Dickicht der Bäume fällt und das Laub des Waldes in ein warmes Licht taucht und man das dringende Bedürfnis verspürt, dieses Licht tief einzuatmen und in sich zu bewahren für kommende kalte Tage.
Ich liebe sogar die grauen Tage, wenn der Regen unablässig vor dem Fenster auf die verblasste Straße tropft und man es sich drinnen gemütlich machen kann und nichts anderes tun muss, als den Regentropfen beim Fallen zuzusehen.
Heute ist so ein Tag. Während draußen der Regen an der Fensterscheibe herunterrinnt, und sich die Sonne für das Jahr leise verabschiedet hat und uns mit nichts zurücklässt als mit Erinnerungen an Sonnenbrände, tropfende Eistüten und glückliche Momente, sitze ich in Jogginghose auf dem Bett, neben mir eine angebrochene Packung Bitterschokolade. Kein schlechter Tausch.
 
 Jahreszeiten haben etwas sonderbar Tröstliches. Auch wenn ich vielleicht mal das Gefühl habe, dass die Welt um mich herum gerade in Stücke bricht, wenn der Oktober an die Tür klopft, färben sich die Blätter und flattern zu Boden und der Herbst ist da. Jedes Jahr aufs Neue. Während man vielleicht gerade enttäuscht ist von einem Freund, der sich nicht meldet und einen vergessen zu haben scheint, kann man auf diese vier Freunde zählen: im Frühling kriechen Blumen aus dem Boden, im Sommer steigen die Temperaturen und die Laune, im Herbst sinken die Blätter (und meist auch die Laune) und im Winter fallen Schneeflocken vom Himmel. Jedes Jahr. Immer und immer wieder.
Und ich finde es tröstlich zu wissen, dass es Dinge gibt, auf die man sich einfach verlassen kann. Denn egal ob man gerade seinen Job, seinen Hund oder seine große Liebe verloren hat, ob man sich mit einem geliebten Menschen verkracht, eine wichtige Prüfung vermasselt oder mit einer miesen Krankheit gekämpft hat - das Rad der Natur dreht sich unablässig weiter, ohne sich um die kleinen Spielfiguren, die wir in dieser großen Welt sind, zu kümmern.
Wie ein kleines Kind freue ich mich jedes Jahr aufs Neue auf den Herbsteinbruch, als würde ich zum ersten Mal in meinem Leben sehen, wie die Blätter langsam in sich zusammenfallen und kraftlos und knittrig wie alte Briefe auf den mit Kastanien übersäten Boden segeln. Und alles, was man tun möchte, ist tief in einen einen Laubhaufen zu greifen und die Blätter in die Luft zu werfen wie kleine Glücksboten, die in den Himmel wirbeln wie Sternenstaub.


Bild: Koshy Koshy (flickr.com) unter cc by-sa 2.0
 
 
 

Saturday, August 18, 2012

un amore grande che comincia piano e respira vento come gli aquilon.



Ich habe mich verliebt.
Sie ist zum Dahinschmelzen. Sie ist wunderschön, federleicht wie Wolken an einem Sommertag und erfrischend wie salzige Wassertropfen, die einem nach einem Bad im Meer den Rücken herunterrinnen. Sie fühlt sich auf der Zunge so herrlich an wie kühles Himbeereis und wärmt den Bauch wie Spaghetti bolognese. Sie lässt mich träumen von einer Welt, in der alles in Pastellfarben und warmes Sonnenlicht getaucht ist, einer Welt, in der alles noch so ist, wie es sein sollte. Pur. So tröstlich wie ein Teller Lasagne nach einem anstrengenden Tag. Ein Lächeln, das einem genau dann geschenkt wird, wenn man gerade aufhören wollte, an das Gute in der Welt zu glauben.
Sie macht mich unfassbar glücklich. Ich glaube, das ist der Beginn einer ganz großen Liebe.

Ich habe mich in die italienische Sprache verliebt. In ein rotes Notizbuch trage ich jeden Tag voller Freude neue Verbentabellen, Präpositionen und Jahreszeiten ein. Nur was sich jetzt nach grauer und leerer Schreibarbeit hat, verwandelt sich auf dem Papier in so wundervolle Wörter wie "tabella di coniugazione dei verbi", "preposizioni" und "le quattro stagioni". Wortschlangen wie "negozio di abbigliamento" und nuvola di pioggia" winden sich wie Tagliatelle im Mund und schmecken fast genauso gut, wenn man sie herunterschluckt.
Statt also untätig herumzuhocken und zu warten, bis das Studium im Herbst anfängt, pauke ich Italienisch und verschaffe mir den Schlüssel zu einer anderen Welt. Es ist toll, wie ein Neugeborenes nach Wörtern zu greifen zu können, nach Wörtern, die noch fremd und unbekannt und deshalb eigenartig aufregend sind.
Vor meinem inneren Auge sehe ich mich schon durch die Altgassen Roms oder Venedigs streifen, ein Zitroneneis in der einen Hand und mein Herz in der anderen. Vespa fahren, einen Riesenteller Spaghetti mit Parmesan verputzen, einem Straßenmusiker mit Gitarre zuhören. Vielleicht ist das alles, was man braucht, um glücklich zu sein. Vielleicht auch nicht.
Aber bevor ich im Oktober mein neues Leben anfange, das "Schülerin" aus meinem Ausweis radiere, stolz durch "Studentin" ersetze und hoffentlich endlich anfangen kann, so richtig faul zu sein, macht es einfach glücklich, ein Ziel vor Augen zu haben, an dem man sich festhalten kann.
Wenn ich also von einem Tag im Freibad, einem schönen Abend mit Freunden in einer Bar oder auch einer Reise nach New York wiederkomme, schlage ich mit einem Lächeln im Gesicht meinen Sprachkurs "Italienisch in 30 Tagen" auf und mache mich ans Lernen. Aber während ich beim Abitur das Gefühl hatte, nur für die nächste Prüfung zu lernen - was auch stimmte, ich könnte heute beim besten Willen keine Tangentengleichung mehr aufstellen! Wobei, wenn ich es mir recht überlege, hat das schon in der Abiprüfung nicht so recht geklappt. Aber das ist ein anderes Thema. -, macht das Büffeln von Vokabeln und Konjugationen plötzlich Spaß, weil man einen Sinn darin sieht, der weiter geht als bis zur nächsten Woche. Und sei es nur, um übernächste Woche Pizza zu holen.

Tuesday, July 24, 2012

I want to wake up in that city/ That doesn't sleep.

Manchmal will man einfach nur raus und sehen, was die Welt sonst noch so zu bieten hat. Manchmal denkt man, das kann doch noch nicht alles gewesen sein.
Dann fährt man vielleicht ans Meer, lässt sich die frische Brise um die Nase wehen, atmet die salzige Meerluft ein, und fühlt, wie man sanft wieder auf die richtige Bahn geschubst wird: Vielleicht gibt es nicht mehr, aber es gibt immer Meer. Und manchmal reicht das, um vollkommen glücklich zu sein. Man sieht, wie die Sonne vor einer Leinwand aus Orange, Rosa und Gelb ins Meer taucht, sieht den Silberstreif des Mondes, der sich auf der glatten Decke des Wassers widerspiegelt und denkt: dieser Augenblick ist vollkommen.
Oder aber man will endlich über den Horizont hinausschauen. Man bucht eine Reise nach New York, die Stadt, die niemals schläft und hofft, dass man inmitten all des Lebens, das an jeder Ecke dort pulsiert, einfach mitgerissen wird und in den Strudel eingesogen wird. Man nimmt alles Neue und Unbekannte so gierig auf wie ein Kind, das zum ersten Mal die Welt mit eigenen Augen sieht.
Die Taxifahrer brüllen sich gegenseitig an, die Autos geben ein Hupkonzert, von irgendwo hört man ein Baby schreien, mitten auf der Straße steht ein Pärchen und streitet, aus irgendeinem Deli steigt der Geruch von frischen Bagels auf, und man freut sich einfach, am Leben zu sein. Brüllen, hupen, schreien, streiten und warme Bagels mit cream cheese essen zu können.

Morgen beginnt meine Reise, bei der ich beides erleben kann: auf dem Schiff von Hamburg nach New York aufs Meer schauen und in New York die Stadt in mich aufsaugen.
Ich weiß nicht, auf was ich mich mehr freue!


Bild: Fabrice Muller (flickr.com) unter cc by-nd 2.0

Wednesday, June 20, 2012

Salz auf der Haut, Sandkörner unter den Füßen.

                                     
Nachdem es hier wieder einen Monat still war, versuche ich jetzt doch, endlich wieder Gefühle in Worte zu schmieden. Ich habe das Gefühl, ich habe eine Schreibblockade. Ich weiß nicht, ob man so etwas auch haben kann, wenn man noch nichtmal ansatzweise ein Autor ist, aber wenn es bedeutet, dass man stundenlang vor dem Bildschirm oder Notizbuch sitzt und sich nicht ein Wort entlocken lässt, dann hab ich das!
Dabei hab ich doch jetzt endlich mein Abitur in der Tasche, und ich hätte so viel Zeit, zu schreiben! Wenn ich in der ganzen Zeit, in der ich mir unzählige Folgen Friends anschaue, Marmorkuchen backe oder einfach nur faul in der Sonne liege, schreiben würde, hätte ich wahrscheinlich am Ende des Sommers einen Roman fertig!
Aber das Leben spielt nunmal nicht immer so wie man will.
Vielleicht muss man sich auch einfach hinsetzen und versuchen, den verrosteten Hahn langsam aufzudrehen, bis die Wörter wieder fließen, anstatt dazusitzen und auf die göttliche Eingebung zu warten, die nicht kommt. Irgendjemand hat mal gesagt, Schreiben ist nicht, wie alle denken, Warten auf Inspiration, sondern eine Arbeit, der man täglich nachgeht, wie andere ins Büro gehen oder in die Bäckerei.
Das klingt zwar ernüchternd, aber vielleicht ist ja was dran an der Sache.
Mit der wunderschönen Musik von Yann Tiersen aus "Amélie Poulain", dem seltsamsten und schönstem Film, der je gemacht wurde, und mit der Ruhe und Dunkelheit, die sich, Regen ankündigend, auf mein ganzes Zimmer legt, fällt dieser Job aber auf jeden Fall leichter.

Die letzten Tage waren ein Strudel aus Sonne, umgeschlagenen Bücherseiten und dem beruhigenden Gefühl, nichts tun zu müssen. Während meine Schwestern für die letzten Prüfungen des Semesters büffeln, wandere ich mit meinem Buch von der Terrasse auf den Balkon und von da wieder zum Essen auf die Terrasse. Es ist wunderbar!

Man kann den Sommer förmlich riechen. Man liegt auf der Terrasse, mit der Sonne im Gesicht und  im Bauch, und muss nur die Augen schließen, um einen Strand zu sehen.

Das Meer schwappt einem um die Füße wie ein spielender Welpe. Man hört Kinder lachen, Möwen schreien, Eis tropft auf den Sand. Rote, von der Sonne verbrannte Körper liegen am Strand, Segelboote treiben wie Reisende auf dem Wasser.
Man liegt bei den Wellen. Spürt Sandkörner auf der bloßen Haut und Sonne im Herzen.
Wünscht sich, dass dieser Moment nie zu Ende geht.
Doch schon fällt ein grauer Schleier auf das Bild, ein Gewitter zieht heran. Während hastig Sachen gepackt werden, Bücher, Sonnencreme, Handtücher, Brillen, Picknicktaschen, und Regentropfen wie Eiswürfel die sonnenverbrannte Haut kühlen, blickt man ein letztes Mal zurück, doch der Moment ist vorbei. Die Eisbuden haben ihre Fensterläden geschlossen, keiner spielt mehr Federball, der Strand leert sich.
Was bleibt, sind Erinnerungen. Erinnerungen und liegengelassene Coladosen.

Bild: Jose Zayas (flickr.com) unter cc by-nc 2.0



Saturday, May 19, 2012

Stranger beware, there's love in the air under Paris skies.

"Eine leere Seite. So leer, dass sie am liebsten Farbe darauf gespritzt hätte, nur um dieses Weiß, dass sie von allen Seiten zu erdrücken schien, nicht mehr ertragen zu müssen. Sie hätte nicht gedacht, wie sehr Weiß einen in den Augen schmerzen kann. Es war nicht so, dass es in ihrem Kopf auch still und leer war wie in ihrem Appartment. So viele Ideen flogen um sie herum, doch sie hielten nie still, wie kleine Schmetterlinge ergriffen sie die Flucht, wann immer sie sich ihnen nähern wollte.
Mit einem Seufzer erhob sie sich schlussendlich von ihrem harten Holzstuhl, den sie an ihrem ersten Tag in der Stadt einem alten, zahnlosen Mann am Seineufer abgekauft hatte. Er war eigentlich viel zu unbequem und sie könnte sich längst schon einen neuen leisten, aber ihr Herz hing an solchen Dingen. Der Stuhl war eine Erinnerung an die überschäumende Euphorie, die sie in ihren ersten Wochen verspürt hatte. Sie konnte sich noch erinnern, wie glücklich sie gewesen war, voller Träume, in der Stadt ihrer Träume, ihr ganzes Leben wie ein Traum. Es war ihr vorgekommen wie eine einzige große Seifenblase, eine schillernde Hülle, zu schön für diese Welt, und das war es auch gewesen, eine Hülle. So zart und dünn, dass sie zerbrach, sobald sich ihr etwas näherte.
Und jetzt saß sie Tag für Tag in ihrem kleinen Apartment und starrte auf die leere Seite vor ihren Augen.
Das Sonnenlicht stach in ihre Augen, als sie die schwere Holztür aufstieß und nach draußen trat, aber anders als die blanken Seiten war es ein angenehmer Schmerz. Einer, der ihr das Gefühl gab, noch am Leben zu sein. Die Luft roch nach Frühling, und der Duft von Crêpes, die an jeder Straßenecke verkauft wurden, wehte ihr in die Nase. Sie vernahm das energische Hupen der Taxifahrer, das Stimmengewirr der Touristen, die Rufe der Straßenhändler in der Ferne, und das Gurren der Tauben, das sie stets auf seltsame Art und Weise rührte. Sie sah, dass Paris in der Zeit, in der sie untätig vor ihren leeren Blättern gesessen hatte, seinen Wintermantel abgestreift hatte und der Frühling durch die kopfsteingeflasterten Gassen raunte.
Sie konnte förmlich fühlen, wie ihre Stimmung sich aufhellte. Sie wendete sich nach rechts, vorbei an dem kleinen Supermarkt, an dem sie morgens ihre frischen Croissants kaufte und sich dabei immer noch wie eine Fremde vorkam, die versuchte, in eine Stadt zu passen, die nicht ihre war.
Ein Schlenker nach links, und sie gelangte an ihrem Lieblingsblumenhändler vorbei auf die Rue Belliard. Die Straßencafés waren von fröhlichen Stimmen und Geschirrgeklappere erfüllt, sie atmete die Sonne ein und sie wusste wieder, wieso sie hier war. Weil sie Paris liebte. Sie liebte diese Stadt mit Leib und Seele, sie liebte alles, wofür sie stand.

Am Eiffelturm waren so viele Menschen, dass ihr fast schwindlig wurde. Immer, wenn sie so viele Menschen auf einem Fleck sah, musste sie darüber nachdenken, wie viele verschiedene Gedanken dort herumflogen, jeder mit seiner eigenen Geschichte, die er mit sich herumträgt wie einen abgewetzten Koffer. So viele Geschichten, und sie wollte alle hören. Wieso schaute der Mann in dem grauen Regenmantel so mürrisch? Wieso war er allein? Und wieso trug er bei dem strahlenden Sonnenschein einen Regenmantel? Vielleicht dachte er darüber nach, dass er in seinem Leben zu viele Chancen verpasst hatte. Er hatte nicht um seine Frau gekämpft, den Draht zu seinen Kindern verloren, die jetzt mit seiner Frau und ihrem neuen Partner außerhalb von Paris wohnten und ihn nur ein paarmal im Jahr zu sehen bekamen. Er war nicht zu seiner sterbenskranken Mutter gefahren, weil er gedacht hatte, noch Zeit zu haben, und jetzt vermisste er sie so sehr. Und jetzt stand er hier, allein und verloren, mit nichts als einem Ticket in der Hand, in der Hoffnung dass von dort oben all seine Sorgen genauso winzige Punkte sein würden wie die Dächer der Stadt.
Vielleicht war es aber auch ganz anders. Vielleicht schaute er nur einfach etwas mürrisch, weil seine Freunde sich wie immer verspäteten.
Sie würde es nie wissen.

Aber eines wusste sie, während sie den Himmel spürte und in sich hineinlächelte:
Heute würden die Seiten nicht weiß bleiben."



Bild: Kat... (flickr.com) unter cc by-nc-nd 2.0

Friday, May 04, 2012

Dear future me.




Kurz vor dem Abitur kreisen meine Gedanken immer mehr um die Zukunft. Wie ein Schwarm Möwen stürzen sie auf das zerkrümelte Stück Brot herunter und umkreisen es kreischend. Wobei ich nicht hoffe, dass meine Zukunft in irgendeiner Weise aussieht wie ein zerkrümeltes Stück Brot!
Dabei gibt es verschiedene Ebenen von Zukunft. Die nahe Zukunft - in 3 Tagen hast du die Klavierprüfung geschafft, in 7 Tagen hast du das Deutschabitur hinter dir, in 12 Tagen auch das Musikabitur-, die baldige Zukunft - die Zeit nach dem Abi spielt sich in meinem Kopf ab wie ein Film mit dem Titel "Der Sommer unseres Lebens" -, die nahe Zukunft - und was tun, wenn mit dem Ende des Sommers auch das Ende der grenzenlosen Freiheit naht? -, und irgendwann, die Zukunft-Zukunft. Mein Leben in 50 Jahren - auf was blickt man zurück? Was würde ich meinem Zukunfts-Ich gerne sagen? Umgekehrt wäre die Sache naürlich weitaus interessanter, aber wohin mit all den Plänen, mit all den Träumen, wenn man seine Zukunft schon vor sich ausgebreitet sehen würde wie eine Landkarte? Ich will doch versuchen, selbst meine Wege auf der Karte einzuschlagen und nicht einfach den Wegweisern zu folgen.
Also würde ich meinem Zukunfts-Ich sagen:
Da bist du also. Erstmal Glückwunsch, dich (also mich..) gibt es immer noch, das ist schön. Aber bist du glücklich? Lass mich dir sagen, du warst einmal ein junger Mensch, mit dem Kopf voller Träume und dem Herzen voller Geschichten. Ich hoffe, du hast nicht mittlerweile einen kalten Stein in der Brust, wo heute noch ein Herz für tausend Dinge schlägt: für noch ofenwarme Brownies, für schöne Bücher, oder den Geruch von Sonnencreme. Für den Traum vom Schreiben als Beruf, für das Gefühl, beim Tanzen alle Sorgen einfach wegtanzen zu können, und für den Geschmack von Zitroneneis auf der Zunge.
Vielleicht haben sich ja ein paar der unzähligen Träume erfüllt, vielleicht auch nicht. Vielleicht haben sich stattdessen Träume erfüllt, die jetzt noch gar keine sind. Aber egal, wo du jetzt bist, ich hoffe du fühlst, dass du angekommen bist.
Denn ich habe das Gefühl, dass ich gerade erst am Anfang einer Reise stehe. Schick mir eine Postkarte! Ich bin gespannt, was mich erwartet. 

Monday, April 02, 2012

She's countin' the days until real life arrives.

Der Film (500) Days Of Summer hat es nicht nur geschafft, einen schönen Abend noch schöner zu machen, sondern er setzt sich in meinem Kopf fest und hat den Weg in mein Herz geschafft, wo es eine kleine, gemütliche Kammer für Lieblingsfilme gibt (das Zimmer grenzt übrigens an den Raum für Lieblingsbücher und ist mit einem großen roten Sofa ausgestattet :)).
Most days of the year are unremarkable. They begin, and they end, with no lasting memories made in between. Most days have no impact on the course of a life. May 23rd was a Wednesday.
Wie viel Wahrheit allein in diesem kleinen Ausschnitt steckt. Wir bringen jeden Tag hinter uns, immer im gleichen Rhythmus, ohne dass Dinge passieren, die unser Leben in irgendeiner Art wirklich verändern, und hoffen immer auf das Morgen, das große Ungewisse in der Zukunft, das unserem Leben den entscheidenden Schubs gibt, um es in eine neue Bahn zu werfen.
Dabei geht Tag für Tag vorbei, ohne dass etwas passiert, das uns endlich rausholt aus dem grauen Alltag, der einen langsam wie eine Betondecke zu erdrücken scheint.
Ich schiebe Hoffnungen gerne auf Morgen. Ist es nicht auch das, was uns am Leben erhält? Die ständige Erwartung, dass schon alles so kommen wird, wie es kommen soll.
Halten wir nicht das blasse Heute nur aus, weil wir uns das Morgen in Regenbogenfarben ausmalen?
Ich ertrage zum Beispiel das grässlich langweilige Lernen, indem ich mir die Zeit nach dem Abitur vorstelle. Ich denke einfach daran, wie ich ich in einem sonnendurchfluteten Olivenhain in der Toskana stehe und die Zeit meines Lebens habe. Und dann widme ich mich wieder Integralfunktionen und Extremwertproblemen und anderen extremen Problemen des Lebens.
"Es wird schon alles gut werden", das ist es doch, was uns hier hält.
Erhofft sich nicht jeder für später ein ausgefülltes Leben, einen interessanten Job, mal in Rom, mal in London, viele Freunde, Glück in der Liebe und ständig passiert etwas? Kurz, das Leben meiner geliebten Serienfreunde in diversen amerikanischen TV-Shows?
Wahrscheinlich finden sich 95% der Leute später in einem langweiligen Bürojob wieder, mit einer verstummten Ehe, und die größte Aufregung der Woche sind die steigenden Benzinpreise.
Aber die Hoffnung, ja das Versprechen an sich selbst, zu den anderen 5% zu gehören, das ist doch, warum wir Tag für Tag aufstehen und versuchen, aus unserem Leben was zu machen.
Ich gehe jetzt schlafen, träume von meinem späteren Leben als freie Schriftstellerin in Paris und von meinem kleinen Appartment im 5. Stock, von wo aus ich einen Blick auf den Eiffelturm erhaschen kann, wenn ich mich ganz nah an die Wand quetsche und mich auf Zehenspitzen stelle. Und morgen früh werde ich endlich verstehen, wie man Asymptoten berechnet.
P.S. Das Bild ist ein weiterer Grund, wieso ich Tag für Tag aufstehe: um einmal Hanami zu erleben - die Kirschblütenzeit, wenn sich Parks und Straßen in einen rosaroten Traum verwandeln.
P.P.S. Mir ist bewusst, dass meine Abschweifungen irgendwann nicht mehr viel mit dem Filmzitat zu tun haben. Aber ich hab nunmal manchmal Gedankensprünge. Und morgen gibts Erdbeertorte.



Bild: erikjohansson (flickr.com) unter cc by-sa 2.0

Tuesday, March 27, 2012

Your eyes are the camera, your heart is the frame. This is the beginning, of anything you want


Dieser Song von BOY (der perfekte Soundtrack für sonnige Stunden auf dem Balkon!) drückt ganz gut aus, wie es um diesen Blog steht. Das klingt so, als wäre er krank und kurz vor dem Tod. Und in gewisser Weise stimmt es auch. Wenn man diese Krankenhausmetapher weiterführt, lag dieser Blog etwa zwei Jahre im Koma (und auch davor war er unterversorgt), und schlummerte nur so vor sich hin. Bis er dann vor zwei Wochen pünktlich mit den Krokussen in unserem Garten wieder erwachte (das heißt, ich habe ihn in einem Moment enthusiastischer Lebensfreude und Entschlossenheit wieder ins Leben gerufen!) und nun steht ihm also ein neuer Anfang bevor. Ich bin dieses Mal wirklich entschlossen, einen richtigen Blog zu führen und regelmäßig zu posten. Und ich hoffe wirklich, dass ich es dieses Mal schaffe. Unzählige Male habe ich diesen Plan schon gefasst, an einem Tag glühender Visionen (meistens der erste Frühlingstag im Jahr - scheint ganz so, als wäre ich auch dieses Jahr auf meine akuten und kurzlebigen Ideen reingefallen!) und mir die Zukunft schon in den buntesten Farben ausgemalt, mit einem Blog voller interessanter Ideen, künstlerischer Fotos (wenn man die Fotos auf NEON.de anschaut, bekommt man eine unbändige Lust auf das Leben!), und - für mich natürlich am wichtigsten - feinsinniger und tiefgründiger Texte.
Und unzählige Male war der Enthusiasmus schon ein paar Tage später verpufft und in meinem Blog war es wieder kalt und grau, in meinem Blog und vor dem Fenster, denn der erste Frühlingstag im Jahr macht Platz für den unbeständigen April, und mit der Sonne schwindet auch die Tatkraft. Zu viel Arbeit, es gibt für die Schule schon so viel zu tun, und selbst wenn, es hört mir doch eh keiner zu.. ich hab es immer geschafft, mich davon zu überzeugen, dass es eine schlechte Idee war, und alles bleibt beim Alten.
Aber dieses Mal, ja dieses Mal, wird alles anders! (Okay, ich gebs zu, das hab ich die letzten Male auch immer gesagt, aber dieses Mal stimmt es wirklich! :))
Auch wenn es mir nicht leicht fiel, ich habe alle alten Posts gelöscht. Das Gelaber über Partys und Shopping von vor 5 Jahren mag ich nun wirklich nicht auf meinem renovierten Blog haben. Aber es war wirklich schwer, sich von diesen ganzen Texten zu trennen. Klar, sie waren kindisch, inhaltslos und teilweise SEHR peinlich, aber es waren ja doch meine. Und davon gibt es leider nicht viel. Aber ich habe beschlossen, wenn ich es versuche, dann richtig! Und dann haben diese seitenweisen Jugendsünden auch nichts hier verloren :)
Und jetzt, kurz vor den Osterferien geht es bald in die heiße Phase des Abiturs und dann muss auch schon ein Plan für meine Zukunft her. Und damit es mit meinem großen Traum vom Schreiben auch irgendwann was wird, sollte ich vielleicht mal anfangen, wirklich etwas in diese Richtung zu tun, anstatt mich immer in Bücher, Texte und Blogs von anderen zu flüchten, die längst dort angekommen sind, wo ich einmal sein möchte.
Deshalb versuche ich, auch während dem Abistress, oder gerade da, von dem zu schreiben, was mir den ganzen Tag im Kopf herumschwirrt wie ein Bienenschwarm, der einfach nicht Ruhe gibt. Und tröste mich mit dem Gedanken, dass keine Leser auch Vorteile haben - ich kann schreiben und ausprobieren, ohne dass jemand je davon erfährt :) Auch wenn ich natürlich hoffe, dass sich ja vielleicht doch mal jemand hierhin verirrt. Und dann am besten auch öfters wiederkommt, denn:
Wer Umwege macht, sieht mehr vom Leben!
Den neuen Titel habe ich in meinem übersprudelnden Tatendrang vor zwei Wochen überlegt. Das heißt, ich musste eigentlich nicht lange überlegen, mir ist sofort das Gedicht "Was es ist" von Erich Fried eingefallen und wie sich die Botschaft, dass die Liebe jeder Vernunft oder Angst trotzt, auch zum Leben passt. Es mag oft betrüben, beglücken oder einfach nur verwundern, was sich in unserer Welt so tut, aber wir können es nicht ändern. "Es ist was es ist", sagt das Leben. Alles ist so, wie es ist. Und auch wenn wir daran nichts verändern können, können wir es einfach annehmen und für das schätzen, was es ist. Ein Wunder.
Ich habe oft schwarze Tage, aber an einem so schönen Frühlingstag wie heute kann ich einfach nur sagen, das Leben ist ein Wunder. Und das ist auch gut so.

Jetzt habe ich den Anfang gemacht, diesem Blog eine neue Chance zu geben, ein neues Gesicht habe ich ihm schon gegeben, und jetzt sollte ich auch wieder zurück zur Schule, denn meinem Abi sind meine Schriftstellerpläne und Journalismuspläne sowas von egal.

Ach, erstmal auf den Balkon, ein bisschen BOY hören und Pläne für den Sommer schmieden, das macht eindeutig mehr Spaß!


Bild: Toffee Maky (flickr.com) unter cc by-sa 2.0