Sunday, September 23, 2012

The falling leaves drift by the window/ The autumn leaves of red and gold.


 Der Herbst raschelt verheißungsvoll. Ich weiß nicht, wieso der Herbst immer verurteilt wird als trostlose Zeit, in der alles grau und schwer ist und die Lebensfreude des Sommers langsam aus allen Zellen weicht. Ich liebe den Herbst. Ich liebe die strahlenden Farben, ich liebe es, wenn die Sonne durch einen kleinen Spalt im Dickicht der Bäume fällt und das Laub des Waldes in ein warmes Licht taucht und man das dringende Bedürfnis verspürt, dieses Licht tief einzuatmen und in sich zu bewahren für kommende kalte Tage.
Ich liebe sogar die grauen Tage, wenn der Regen unablässig vor dem Fenster auf die verblasste Straße tropft und man es sich drinnen gemütlich machen kann und nichts anderes tun muss, als den Regentropfen beim Fallen zuzusehen.
Heute ist so ein Tag. Während draußen der Regen an der Fensterscheibe herunterrinnt, und sich die Sonne für das Jahr leise verabschiedet hat und uns mit nichts zurücklässt als mit Erinnerungen an Sonnenbrände, tropfende Eistüten und glückliche Momente, sitze ich in Jogginghose auf dem Bett, neben mir eine angebrochene Packung Bitterschokolade. Kein schlechter Tausch.
 
 Jahreszeiten haben etwas sonderbar Tröstliches. Auch wenn ich vielleicht mal das Gefühl habe, dass die Welt um mich herum gerade in Stücke bricht, wenn der Oktober an die Tür klopft, färben sich die Blätter und flattern zu Boden und der Herbst ist da. Jedes Jahr aufs Neue. Während man vielleicht gerade enttäuscht ist von einem Freund, der sich nicht meldet und einen vergessen zu haben scheint, kann man auf diese vier Freunde zählen: im Frühling kriechen Blumen aus dem Boden, im Sommer steigen die Temperaturen und die Laune, im Herbst sinken die Blätter (und meist auch die Laune) und im Winter fallen Schneeflocken vom Himmel. Jedes Jahr. Immer und immer wieder.
Und ich finde es tröstlich zu wissen, dass es Dinge gibt, auf die man sich einfach verlassen kann. Denn egal ob man gerade seinen Job, seinen Hund oder seine große Liebe verloren hat, ob man sich mit einem geliebten Menschen verkracht, eine wichtige Prüfung vermasselt oder mit einer miesen Krankheit gekämpft hat - das Rad der Natur dreht sich unablässig weiter, ohne sich um die kleinen Spielfiguren, die wir in dieser großen Welt sind, zu kümmern.
Wie ein kleines Kind freue ich mich jedes Jahr aufs Neue auf den Herbsteinbruch, als würde ich zum ersten Mal in meinem Leben sehen, wie die Blätter langsam in sich zusammenfallen und kraftlos und knittrig wie alte Briefe auf den mit Kastanien übersäten Boden segeln. Und alles, was man tun möchte, ist tief in einen einen Laubhaufen zu greifen und die Blätter in die Luft zu werfen wie kleine Glücksboten, die in den Himmel wirbeln wie Sternenstaub.


Bild: Koshy Koshy (flickr.com) unter cc by-sa 2.0