Ihr stellt euch das so lässig vor, so roh. Mitten in der Nacht hat man diesen Einfall, man muss ihn einfach aufschreiben, diesen hemingway’schen „wahrsten Satz, den man kennt“, und dann steht man auf, kippt sich ein paar Gläser Rotwein oder Jack Daniel‘s hinter die Binde – Weißwein ist ja ganz nett, aber von einem lieblichen Sauvignon blanc hat noch niemand einen Roman geschrieben – und setzt sich an die Schreibmaschine, die im Takt des vor Aufregung und Ethanol wild klopfenden Herzens einrastet und ausrastet wie ein entlaufener Gaul. Gedanken weichen Gefühlen, die jetzt hektisch auf das Papier schwimmen, kraulen, durch die Tinte tauchen. Das Ganze ist natürlich emotional hochgradig aufgeladen, wie in einem Wahn wird die ganze Geschichte heruntergeschrieben, fast in einem Zug, nur für ein paar Zigarettenzüge hält man an. Nach dem vierten Absatz: der erste Atemzug. Auf Seite drei schreibt man den Satz, der später auf billige Postkarten gedruckt wird. Auf Seite sieben erkennt man, was die Welt im Innersten zusammenhält (Liebe und Physik). Man weint ein bisschen. Hinterher legt man die fünfzehn Seiten auf die Seite und duscht sich kalt ab, um den fiebrigen Schweiß herunter zu waschen. Nachspülen mit Whiskey. Neugeboren.
In Wahrheit schreibst du auf einem Laptop (nein, kein Macbook; einfach nur ein stinknormaler, scheißlangweiliger Laptop). Es ist ein ruhiger Mittwochabend, den ganzen Tag war man wie elektrisiert von Inspiration, vom Herbst und seinen Schatten, die ganze Stadt leuchtet und vibriert, sie flimmert und zuckt! Jetzt hast du elf Tabs offen, einen Wikipedia-Eintrag über spanische Dublonen und streichelnden Elektro, Mails, eine Tageszeitung fürs Gewissen und Buzzfeed für den unsinnigen Rest, Facebook natürlich. Und irgendwo links unten ein blaues Worddokument, das sich ungefähr alle sieben Minuten höflich räuspert und nuschelt, „Ähm, wie war das denn jetzt, werde ich noch gebraucht?“
Langsam werden deine Augen feucht - kein Wunder, du glotzt seit fünf Stunden in einen ungeputzten Bildschirm. Du googelst „Schriftsteller, die zu Lebzeiten verkannt wurden“ und verstehst plötzlich deine kosmische Bestimmung. Du trinkst einen Schluck Leitungswasser und schreibst dann einen Text darüber, wie man keinen Text schreibt. Schlechtgeworden.
Bild: privat
In Wahrheit schreibst du auf einem Laptop (nein, kein Macbook; einfach nur ein stinknormaler, scheißlangweiliger Laptop). Es ist ein ruhiger Mittwochabend, den ganzen Tag war man wie elektrisiert von Inspiration, vom Herbst und seinen Schatten, die ganze Stadt leuchtet und vibriert, sie flimmert und zuckt! Jetzt hast du elf Tabs offen, einen Wikipedia-Eintrag über spanische Dublonen und streichelnden Elektro, Mails, eine Tageszeitung fürs Gewissen und Buzzfeed für den unsinnigen Rest, Facebook natürlich. Und irgendwo links unten ein blaues Worddokument, das sich ungefähr alle sieben Minuten höflich räuspert und nuschelt, „Ähm, wie war das denn jetzt, werde ich noch gebraucht?“
Langsam werden deine Augen feucht - kein Wunder, du glotzt seit fünf Stunden in einen ungeputzten Bildschirm. Du googelst „Schriftsteller, die zu Lebzeiten verkannt wurden“ und verstehst plötzlich deine kosmische Bestimmung. Du trinkst einen Schluck Leitungswasser und schreibst dann einen Text darüber, wie man keinen Text schreibt. Schlechtgeworden.
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1 comment:
Nö, gut geworden.
Auch wenn du nun nur die beiden Extreme ausdrückst, in der sich das Schreiben bewegen kann. Da gibt es noch etwas dazwischen.
Trotzdem: Als Künstler bewegt man sich doch immer in diesen Extremen, entweder schwebt man auf Wolken oder landet hart auf den Boden der Enttäuschung. Wenn man sich der Öffentlichkeit stellt ist das am extremsten. Aber auch beim eigenen Text ist das so. Mal hat man das Gefühl, der Text ist ein in Buchstaben ausgedrücktes Werk der Leidenschaft, das Wahrheit und Wahrhafigkeit spielend und im Vorbeigehen eingefangen hat, dann wieder sieht man nur die Fehler, die man gemacht hat. Die Selbstzweifel kriechen aus ihren Ecken und überwältigen einen wie eine Krankheit.
Aber seien wir ehrlich:
Macht es nicht trotz der niederwerfenden Ereignisse unheimlich Spaß zu schreiben? Als Autor ist man doch unheimlich priviligiert, schafft man es doch die Menschen aus ihrem Gefängnis des Alltags zu befreien Und ihnen vielleicht sogar eine Freude zu machen. ;)
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