Tuesday, October 30, 2012

Once I was pure as the snow, but I fell/ fell like the snow flakes from heaven to hell.

Der Oktober neigt sich dem Ende zu. Die bunten Herbstblätter werden matt und kraftlos und die nackten Bäume mit ihren dürren Ästen scheinen so zu frieren, dass man ihnen eine Jacke überziehen will.
Und fast wäre der Oktober ohne einen einzigen Text auf diesem Blog vorbeigegangen. Ich verstehe nicht, wieso es mir so schwer fällt, zu schreiben. Ich habe jeden Tag Tausend Gedanken im Kopf, ich fühle mich überall von Geschichten umgeben, von Stimmen, die mir Worte und Sätze zuflüstern, aber ich bringe nichts davon zu Papier. Ich kann sie einfach nicht fassen, all diese Gedanken.
Sollte es nicht eigentlich ganz einfach sein?
Manchmal scheint alles ganz einfach. Klar und weiß. Wie Schnee.

Der erste Schnee des Jahres ist und bleibt etwas Besonders. Es ist, als könnte man für diesen einen Augenblick das Glas, in dem das Gefühl seiner Kindheit eingefangen ist, einen Spalt breit öffnen und etwas von diesem Geruch strömt heraus, der Duft von Lebkuchengewürzen und Kuchenteig. Und auch wenn man es schon so oft erlebt hat, und sich spätestens im Februar über die weiße Last ärgert, ist man jedes Jahr aufs Neue aufgeregt wie ein kleines Kind, wenn die ersten kleinen Flocken durch die Luft wirbeln, vorsichtig noch wie Neugeborene, die das Fliegen erst wieder lernen müssen und sich zaghaft durch den Himmel kreiseln. Und wenn der Schnee dann alles mit einer dünnen Schicht verhüllt hat, wird es plötzlich still. Ganz still. Und diese unglaubliche Ruhe erfasst einen, die es nur geben kann, wenn die Schneedecke alle Geräusche und Sorgen dieser Welt zu dämpfen scheint. Nichts kann durch diese schützende weiße Wand nach außen dringen, die für einen winzigen Moment alles Grau bedeckt und uns zumindest vorspielen kann, dass alles gut wird.
Und während man durch diese weiße Landschaft stapft, die verstummt zu sein scheint, kommen die Erinnerungen in aller Stille. Leise und heimlich schleichen sie sich von hinten heran, und stürzen dann ohne anzuklopfen ins Bewusstsein.
In der Ferne weht Kinderlachen herüber und plötzlich sieht man sich selbst am Küchentisch vor einer heißen Tasse Tee sitzen, mit roter Nase und steifen Fingern vom Spielen im Schnee. Natürlich hatte man Handschuhe angezogen bekommen, aber mit dicken Fäustlingen kann man verdammtnochmal einfach keine richtigen Schneebälle formen.
Man rast vor seinem inneren Auge mit einem Schlitten den kleinen Berg im Dorf hinunter, wo sich im Winter immer alle Kinder getroffen haben, um zu sehen, wer die waghalsigsten Sprünge schafft und wer die meisten Fahrer auf einen Bob bekommt.

Aber dann steht man vor seiner Haustür, schüttelt sich die Schneeflocken und Erinnerungen ab.
Und macht den Deckel ganz vorsichtig wieder zu.


Bild: Porsche Brosseau (flickr.com) unter cc by-sa 2.0